Quartier und Wiedersprüche

Trendbooks

Stadt wird gemacht. Sie existiert nicht einfach.

 

Städte sind die bauliche Interpretation einer Stadtgesellschaft und derer politischer, kultureller und wirtschaftlicher Entwicklung. Sie haben das Potenzial eine Ressource zu sein, aus der – ähnlich einem Nährboden – neue Lebensstile, Arbeitswelten, Produkte und Strömungen in Kunst und Kultur entstehen. Basis hierfür ist die Dichte, Vielfalt und Mischung an Menschen, Nutzungen und Räumen. Durch diese Dichte wird Stadt aber auch zum enormen Ressourcenverbraucher an Energie, Gütern und Arbeitsleistung und zum Ort an dem Unterschiedliches aufeinandertrifft, Unterschiede deutlich sichtbar und Konflikte erlebbar werden. Stadt ist geprägt von dieser Ambivalenz.

 

In Städten werden unterschiedliche Positionen und Bedürfnisse im Raum verhandelt. Dieser aktive Aushandlungsprozess gehört zum täglichen Repertoire des Stadtmachens, auf der gesellschaftlichen Ebene der Stadtpolitik und im Verhalten jedes Einzelnen in seinem Lebensumfeld. Der Konflikt ist somit inhärent im Konstrukt Stadt angelegt. Wird dies als Grundannahme akzeptiert und findet ein aktives und bewusstes Aushandeln zwischen den Positionen und Polen statt, dann wird eine Stadt urban und produktiv in dieser Ambivalenz.

 

Die urbane, produktive Stadt ist für viele allerdings nicht mehr tragbar, sie ist zu komplex, zu eigensinnig, zu widersprüchlich. Sie ist vor allen Dingen nicht marktkonform und bedarf zu viel Engagement im täglichen Aushandlungsprozess von Stadt. Lebendige, urbane Quartiere werden daher nur noch als Worthülsen der Kommunen in Auslobungen für Wettbewerbe und als Marketingslogan der Entwickler genutzt. Planen wollen sie weder die einen, noch bauen die anderen.

 

Wollen die Menschen in ihnen leben? Wie könnten aus Stadtkonsumenten wieder aktive Bürger werden? Und wie müssten die Quartiere aussehen? Quartiere, die nicht der kleinste gemeinsame Nenner aller Akteure sind, nicht generisch, nicht bereinigt, nicht bequem. Sondern Quartiere, die anregen, inspirieren, die Reibung erzeugen und Interaktion anstoßen, aus der gesellschaftliches Leben und inklusive, produktive, urbane Städteräume entstehen.

Universität Stuttgart
SI Städtebau-Institut
Lehrstuhl für Stadtplanung und Entwerfen

 

Research Team:
Prof. Dr. Martina Baum

Dipl.-Ing. Harry Leuter

Dipl.-Ing. Ksenija Zujeva