Stadt ist stetiger Dialog zwischen Nutzer und Raum. Bewusst wie unbewusst wird dieser geführt und prägt Räume wie Menschen. Wir diskutieren in Praxis, Lehre und Forschung, wie dieser Dialog konstruktiv und stimulierend geführt werden kann und welchen Beitrag die planenden Disziplinen dazu leisten können. Unsere Ausgangsbasis am Lehrstuhl ist der Städtebau als integrierende Perspektive von Architektur, Stadtplanung und Freiraumgestaltung.

Universität Stuttgart
SI Städtebau-Institut
Lehrstuhl für Stadtplanung und Entwerfen
Prof. Dr. Martina Baum

 

Haltung

Städte sind räumliche und bauliche Manifestationen gesellschaftlicher Prozesse, die einem kontinuierlichen Wandel und fortlaufender Entwicklung unterliegen. Urbane Räume und räumliche Situationen verändern sich, da sich gesellschaftliche Verhältnisse wandeln. Stadt kann aus diesen Gründen niemals statisch betrachtet werden, sondern bedeutet stetigen und dynamischen Dialog zwischen Nutzer*innen und Raum. Dieser wird bewusst wie unbewusst geführt und prägt Räume wie Menschen wechselseitig. Der Lehrstuhl versteht sich als Plattform, die einen interdisziplinären Diskursraum aufspannt, wie in Praxis, Lehre und Forschung dieser Dialog konstruktiv und stimulierend geführt und die räumlichen Konditionen für Interaktion entworfen werden können.

 

Über Stadt in ihren gesellschaftlichen und räumlichen Dimensionen nachzudenken bedeutet, sich auf Komplexität einzulassen. Transformative Zugänge ermöglichen uns in Forschung und Lehre, sich einer Thematik möglichst holistisch zu nähern, Ideen in eine mögliche Zukunft zu projizieren und das Entwerfen als Werkzeug im räumlichen Diskurs zu nutzen.

 

Die Debatte über Stadt, ihre Entwicklung und unser Zusammenleben muss im universitären wie stadtgesellschaftlichen Rahmen gleichermaßen aktiv geführt werden. Somit greifen wir nicht nur aktuelle Herausforderungen auf, sondern versuchen Themen zu setzen, die wir für relevant, zukunftsweisend und diskussionswürdig erachten. Unsere Unabhängigkeit und Integrität verstehen wir als gesellschaftlichen Auftrag und großen Wert, der uns verpflichtet, einen integrativen Beitrag zu einer Debatten-, Planungs- und Baukultur zu leisten. Hierfür wollen wir Denkräume etablieren: als Orte des Austauschs und der Interaktion.

 

Der Lehrstuhl versteht sich dabei als ein Knotenpunkt im Netzwerk all jener, die sich mit gesellschaftlichen Transformationsprozessen und deren räumliche Auswirkungen beschäftigen. So suchen und fördern wir aktiv den Kontakt und Austausch mit Partner*innen aus Praxis, öffentlicher Verwaltung und universitärem Umfeld, um über Landes- wie Disziplingrenzen hinweg miteinander zu denken, zu arbeiten, voneinander zu lernen und somit gemeinsam zur Generierung von Wissen beizutragen.

 

Die Studierenden dabei zu unterstützen, eine eigene Haltung zu entwickeln, ist das wichtigste Ziel unsere Lehre. Durch die eigene Haltung verbindet man Zeit und Ort miteinander. Man verortet sich im gegenwärtigen gesellschaftlichen Geschehen und Diskurs, in Kenntnis der Vergangenheit und in Hinblick auf zukünftige Entwicklungen. Wir verstehen Universität als einen Ort des Denkens und der Debatte und nicht als Ausbildungseinrichtung. Nicht das Konsumieren von Lerninhalten im Sinne einer Ausbildung sondern dem Arbeiten als Lehr- und Lerngemeinschaft fühlen wir uns verpflichtet.

 

Wir befolgen keine Rezepte im Forschen und Entwerfen, wir machen welche oder besser, wir haben den Mut, welche auszuprobieren. In Lehre und Forschung entwickeln wir unsere eigenen Formate und nutzen dazu verschiedenste Werkzeuge und Methoden, die uns das Arbeiten in der Inter-Disziplin Städtebau eröffnen. Denn auch hier sind wir offen, haben keine Berührungsängste und lassen uns von anderen Disziplinen inspirieren.

 

Wir liefern keine Manifeste, wir entwickeln Konzepte. Unsere Lehre und Forschung ist dabei immer ein offener Diskursraum und in diesem Sinne laden wir dazu ein, unsere Gedanken zu reflektieren und zu diskutieren. Gerade die Debatte hilft uns, unsere eingeübten Denkmuster zu verlassen und offen zu bleiben für andere Annäherungen an die Komplexität unseres alltäglichen Lebens und das produktive Arbeiten mit ebendieser.

 

Wir möchten Lust machen auf den Diskurs über unsere räumliche Umwelt und das Zusammenleben in dieser. Die Leidenschaft, die wir mitbringen und die Kuriosität, die wir haben, möchten wir an die Studierenden weitergeben. Der Lehrstuhl und die angebotenen Formate sollen Raum geben für die eigene Entwicklung der Studierenden wie der Lehrenden. Entwicklung beinhaltet ebenso diese Offenheit, sich aktiv in den Prozess zu begeben. Scheitern ist hier immer eine mögliche Option und, solange es produktiv und reflektiert passiert, eine große Chance. Wir ermöglichen Freiheit für diese Entwicklung, die zu eigener Haltung führen kann. Dazu bedarf es des großen Eigenengagements der Studierenden und des Mutes, mit dieser angebotenen Freiheit respektvoll und produktiv umzugehen.

In der Lehre haben wir uns eine Studiokultur erarbeitet, die genau diese Aspekte im alltäglichen Tun zu berücksichtigen versucht.

Katalog 14-19 / Städtebau als Grundperspektive

 

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