SuE going public

Seminare

Die Universität ist ein eigener Kosmos, in dem sich Diskussionen, Forschung und Projekte in einem geschützten Umfeld entwickeln und entfalten können. Um allerdings für die Gesellschaft relevant zu werden, müssen die formulierten Ideen und Visionen auch außerhalb des akademischen Raumes zur Diskussion gestellt werden.

 

Beteiligung und Partizipation bei städtebaulichen und hochbaulichen Projekten sind mittlerweile ein fester Bestandteil des professionellen Werkzeugkastens der Planer:innen und auch in den Curricula der Studiengänge finden Methoden der kooperativen Planung schon seit Längerem Eingang. Doch diese Prozessschritte eines Projektes, die vor allem durch den direkten Kontakt und Dialog zwischen Planungsbeteiligten und Nutzer*innen charakterisiert sind, werden nur selten im universitären Zusammenhang erprobt und speziell für diesen entwickelt. Dabei kann gerade dieser Austausch für beide Seiten – die der Bürger*innen und die der Studierenden – edukativ und bereichernd sein.

 

Die sich dabei vollziehende Vermittlung von Fachwissen aus den planerischen Studiengängen an die breite Stadtgesellschaft einerseits und dem Trainieren des „Übersetzens“ von professionsspezifischen sprachlichen und medialen Ausdrucksweisen in eine gegenseitig verständliche Kommunikation andererseits, sind von medienöffentlichem, politischem und wissenschaftlichem Interesse. Diese Übermittlung wird als wesentliche Voraussetzung zur Lösung politischer, ökologischer und sozialer Probleme betrachtet und ist somit ein entscheidender Ansatzpunkt für die Bewältigung unterschiedlichster kontemporärer Fragestellungen. Deshalb wird dem adäquaten Transfer von Fachwissen in außerwissenschaftliche Bereiche (Öffentlichkeit, Medien, Lebenswelt) eine zentrale Bedeutung beigemessen. Weil wissenschaftliche Erkenntnisse mehr denn je auf gesellschaftliche Akzeptanz angewiesen ist wird auch in Architektur und Stadtplanung vermehrt der Fokus auf die Vermittlung nach außen an ein nicht-wissenschaftliches Publikum gesetzt.

 

Der Lehrstuhl Stadtplanung und Entwerfen – kurz SuE – versteht sich als ein Knoten im Netzwerk all jener, die sich mit gesellschaftlichen Transformationsprozessen und deren räumliche Auswirkungen beschäftigen. In Lehre wie Forschung wird der Kontakt und Austausch mit Partnern aus Praxis, öffentlicher Verwaltung und universitärem Umfeld gesucht und gefördert, um über Landes- wie Disziplingrenzen hinweg miteinander zu denken, zu arbeiten und gemeinsam zu lernen. Für diesen Austausch insbesondere auch mit der Zivilgesellschaft soll der universitäre Rahmen porös werden und Themen wie auch Arbeiten in und mit den Bürger*innen diskutiert werden. Durch die Forschungsarbeit in Reallaboren mit ihrem transdisziplinären Ansatz, wie auch durch die Präsentation von Lehrprojekten konnte hierzu bereits Erfahrung gesammelt werden. Die Seminarreihe SuE going public stellt die Kommunikation nun gezielt in den Fokus und eruiert in einem entwurfsbasierten Forschungsansatz neue Beziehungen zwischen Universität und Gesellschaft in Bezug auf Architektur und Stadtplanung.

Foto: Speaker’s Corner in the 1970s. © CC BY-SA 2.0, Leonard Bentley

Dieses Wissen über Kommunikation bildete die Basis für drei Phasen des Seminars, in denen vor allem auch die räumlichen Bedingungen für die Vermittlung und einer guten Kommunikation, im Speziellen auch zwischen Architekt:innen, Planer:innen und Laien, untersucht wurden.

 

Als Untersuchungsmaterial dienten uns individuell ausgewählte Filmszenen. Anhand dieser wollten wir exemplarisch die Verbindungen von Raum und Kommunikation sichtbar machen. Hierzu war eine intensive Auseinandersetzung mit dem filmischen Material notwendig.

Szenenanalysen von: Maria Inês Pires Reis, Irene Calero und Mathilde Josse

Die zweite Phase der Untersuchung nahm den Stadtraum der Stadt Stuttgart in den Fokus. Dabei sollten die Orte der Kommunikation zwischen Bürger*innen identifiziert werden. Wir stießen alsbald sowohl auf informelle Treffpunkte als auch auf tradierte Plätze des Austausches und der Meinungsäußerung. Neben Stadt- und Quartiersplätzen, öffentlichen Gebäuden wie Bibliotheken, Rathäusern, Museen und Theatern gibt es auch Orte wie Bushaltestellen, Kioske und Warteschlangen sowie Unterführungen, angeeignete Resträume und für Graffiti genutzte Flächen, die für diverse Formen der kommunikativen Interaktion genutzt werden.

Karte Vorder- und Rückseite: „Get in touch“ entstanden im Seminar „SuE going public“ WS 2021, Lehrstuhl Stadtplanung und Entwerfen, Universität Stuttgart

In der abschließenden Phase wurden eigene Strategien, Methoden, Objekte oder Formate entwickelt, mit denen sich Architektur und Stadtplanung in der Öffentlichkeit mit Bürger:innen besprechen, diskutieren, verhandeln und präsentieren lassen. Als Grundlage der für Stuttgart zu entwerfenden Kommunikationsszenarien dienten die vorangegangenen Phasen, in welchen einige hilfreiche Einflussgrößen für mögliche Entwürfe festgehalten wurden. In Gruppenarbeiten entwickelten alle Seminarteilnehmer:innen während eines kurzen Entwurfszeitraumes Konzepte und Skizzen für Prozesse, Methoden und Formate der Kommunikation und deren Settings, die uns in die Lage versetzen sollten, Ideen, Visionen und Projekte mit einer breiten Öffentlichkeit zu teilen.

Studierendenarbeiten von: Karen Berger, Sinem Molenaar, Alptug Namver, Mathilde Josse, Maria Inês Pires Reis und Elena Grimbacher, Viktoria-Luise Müller, Ann-Marie Klar, Manuel Motschiedler sowie Irene Calero Pages und Diego de la Guardia

Lehrteam

Alba Balmaseda Dominguez

Jonas Malzahn

 

Lehrstuhl Stadtplanung und Entwerfen
Prof. Dr. Martina Baum