Stuttgart – Getrennte Abwasser, geeinte Stadt
MasterarbeitenGuiliana Fronte
Hatte der Fürst sein Schloss noch vom König und
der es in letzter Instanz von Gott, wandelte sich in der Moderne das
„Verhältnis zum vereinnahmten Objekt in [eine] Form uneingeschränk-
ter Verfügung.“ Dieses Eigentumsverständnis beinhaltet explizit auch
die Zerstörung desselben.
Aus dieser Perspektive lässt sich die Geschichte des Wassers in der
Württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart am besten als eine
Verlusterfahrung beschreiben. Binnen weniger Jahrhunderte wurde die
ehemalige Auenlandschaft am Seitenarm des Neckars zu einer wach-
senden Stadt und Manufaktur der Trockenheit. Wo einst noch die Pfer-
de im Stutengarten an einer der drei Pferdeschwemmen getränkt wur-
den, ist das Wasser inzwischen beinahe vollkommen aus dem Stadtbild
verschwunden. Überall fließt in der autogerechten Stadt der Verkehr,
aber kein Wasser. Von einer lebendigen Badekultur kann in dem Ort mit
dem zweitgrößten Mineralwasservorkommen Europas nicht die Rede
sein. Der Neckar, heute für viele Stuttgarter*innen ein Sehnsuchtsort,
wurde einst als unbeherrschbarer Naturraum mit seinen Hochwassern,
Uferabbrüchen und Laufverlegungen gefürchtet, bevor er kanalisiert
und begradigt wurde. So avancierte er zwar allmählich zu einem auf
Wasserkraft basierenden, produktiven Ort für die zahlreichen Mühlen,
Wasserwerke und die Schifffahrt, verlor aber zunächst seine Bedeutung
als Freizeit- und Erholungsort.