Robust

Entwürfe

Robust. Lebensräume weiterdenken.

 

Wie sieht der Lebensraum der Zukunft aus? Wie können wir die gebaute Umwelt (radikal) weiterdenken, um resiliente Zukunftsvisionen für die Anpassung an den Klimawandel zu entwerfen? Was lässt sich planen, was bleibt ungeplant?

 

Robust, von robur (Hartholz, Eichenholz) abgeleitet, bedeutet für uns eine Umgebung – sei es ein Bauwerk oder eine städtebauliche Struktur – die mit einem Baum vergleichbar ist: tief in den Standort und Kontext verwurzelt, durch lokale Ressourcen genährt, langsam wachsend, stark im Stamm und flexibel in den Zweigen, resilient und damit fähig sich an verschiedene Situationen anzupassen. Robuste Gebäude sind immer ein Teil vom größeren Ökosystem und somit am Ende ihrer Lebensdauer recyclebar und fähig etwas an den Kreislauf zurückzugeben.

 

In unserem Studio erforschten die Studierenden im Kontext Schwarzwald, was der Begriff „Robust“ beinhaltet und beschäftigen sich mit regionaler Baukultur,

Kreislaufwirtschaft, Naturräumen im Klimawandel sowie Kohabitation von Mensch, Flora und Fauna. Es sollen Visionen für ein sozialgerechtes und klimaneutrales Planen und Bauen entstehen.

 

Unser Entwurfsort war Herrenschwand diesem hat es in den letzten Jahren Anstrengungen gegeben, sich durch das Angebot hochwertiger Kur- und Wellnessangebote auf die Zukunft einzurichten. Die Dorfgemeinschaft wirbt für sich als „eines der letzten typischen, malerischen Schwarzwalddörfer“. Der Ausgangspunkt unserer Entwurfsarbeit war der im Ort bestehende Schlepplift und die dazugehörige Skihütte an einem etwa 850 m langen Skihang sein.

 

Während des Semesters hatten wir Xu Tiantian (DnA Design and Architecture), Prof. Nadja Häupl (Fachbereich 3 – Architektur, Facility Management and Geoinformation, Hochschule Anhalt), Prof. Dr. rer. nat. Leonie Fischer (Institut für Landschaftsplanung und Ökologie, Universität Stuttgart), als Gäste begrüßen zu dürfen.

 

Besonderer Dank gilt dem Biosphärengebiets Schwarzwald, derWaldfrieden naturparkotel, Lignotrend und Wildling Blumen.

 

 

Entwurfsorte

Impressionen aus dem digital-analogen Studio

Arbeiten der Studierenden

Giuliana Fronte und Manuel Riedlinger

 

NATURECULTURE

 

Der Begriff geht auf die Philosophin und Autorin Donna J. Haraway zurück. und beschreibt den Menschen als jemanden der die Welt nicht beherrscht, sondern die er mit anderen Lebewesen in wechselseitiger Abhängigkeit bewohnt.

Deutschlands Wälder sterben! Besonders augenscheinlich wird ihr, durch die Klimakatstrophe bedingtes Ableben bereits seit Jahrzehnten in den Wäldern Bayerns oder im Harz. Doch auch in Teilen des Schwarzwalds sind die Auswirkungen von Trockenheit, steigender Temperaturen und Schädlingsbefall immer häufiger zu beobachten. Der radikal vom Menschen veränderten Kulturlandschaft dieser Region droht ein massives Absterben ihrer Fichtenmonokulturen. Das Fichtensterben, die damit einhergehende Ausdünnung von Waldstücken sowie die Verschiebung von Waldkanten werden aus planerischer Perspektive neue räumliche Situationen schaffen. Diese Veränderung birgt dadurch sowohl aus ökologischer, als auch aus gestalterischer Sicht ein enormes Potenzial. Der Entwurf setzt sich ausgehend von der Dystopie des Waldsterbens mit diesen Veränderungen auseinander und entwickelt eine Vision für Herrenschwand. Kanten werden neu definiert, Blickbeziehungen gestärkt und die vorgefundenen, unterschiedlichen Räume und ihre Verbindungselemente aktiviert.

Es wird ein Rahmenwerk aus polyvalenten Räumen und Verbindungselementen geschaffen. Zudem wird die Chance genutzt dem Skilift im Ort eine langfristige Perspektive zu geben, indem er zum verbindenen Element zwischen dem Vorderdorf und einem neuen Dorfteil am Südhang des Hochgescheidts wird.

Das Projekt gliedert sich somit in unterschiedliche zeitliche Abschnitte mit unterschiedlich starken Interventionen, die zum einen die Zusammensetzung der Landschaft aus verschiedenen Flächentypen und deren räumliche Verteilung betreffen, aber auch die Umwandlung der Waldes in einen resilienten Mischwald. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den artenreichen Übergangs- bzw. Sukzessionszonen zwischen den Flächen für Siedlung, Offenland und Wald.

Isabella Patricolo, Lisa Reichenecker und Simona Schnizer

 

BE GREEN GO FARM!

 

BE GREEN GO FARM! is an interscalar project that responds to current local problems in the village of Herrenscwand in the southern Black Forest with solutions rooted in the past. By reintroducing the activity of agriculture and animal husbandry, the face of the village could change offering a resilient and sustainable scenario. We used past practices and present conditions as guidelines to define areas for the different forms of farming. The animals are kept together on pasture and only spend the winter months in the stable. Depending on the feed growth the size of the pastures and paddocks has to change, but it needs to be said that these animals not only serve the purpose of maintaining the open landscape and sustaining the local meat demand. In fact, the organic recycling of dung as manure for cultivation increases the nutritional characteristics of the soil in order to reintroduce agriculture for local needs, to robust the soil and thus have a better-quality harvest. While BE GREEN GO FARM! operates on a territorial scale that accommodates the practices listed above, it also needs to operate on an architectural and human scale. The project includes outer weather stables for goats and cows, a warehouse for machines, equipment and for storing food, a small farm shop with an office for the farmers, and a center for agricultural research and experimentation called AgroLab. The project is positioned to the north of the village, due to the absence of a slope and because it is located near the cultivation fields, and especially close to the village. Thus, the new design should be part of the village, not only providing local products but also strengthening the sense of community. As the valley station of the ski lift is being given a new function, we would like to reuse the ski lift structure as a “climbing field”. In conclusion, the project is sensitive to the climate and environmental issues of recent years and stands as a resilient solution to the changes to come, but taking a cue from the past, so, BE GREEN GO FARM!

Muriel Beringer und Luzie Geißler

 

Zwischenwelt

 

Zwischen Tradition und Moderne

Bücher wie ‚architecture without architects‘ lehren uns, wie man mit lokalen Materialien und einfachen Bauweisen sowohl den lokalen Herausforderungen entgegentreten kann, als auch über das Weitertragen von Generation zu Generation sich zum  identitätsstiftenden Element entwickelt.

In Herrenschwand finden wir Überbleibsel des engen Miteinanders: Hausbäume dienen als natürlicher Witterungsschutz und die Typologie des Schwarzwaldhauses an sich war Multihabitat für Mensch, Flora Fauna mit integriertem Stall und Platz für Futter.

Doch so wie Flora und Fauna aus dem Haus, verschwindet auch die regionale Vielfalt an Flora und Fauna. Wir blicken auf den

Ausgangspunkt für Herrenschwand, den die Entfremdung von Mensch, Tier und Umwelt mit sich trägt: Ein viel zu warmes Klima, Waldsterben, Artensterben, kaputte Böden, Grundwasserknappheit, und Schneeunsicherheit. Wo ist diese einst so enge Verbindung zwischen Mensch, Tier und Umwelt hin?

 

Zwischen Mono- und Multihabitat

Der Entwurf thematisiert die Wiederherstellung des Mensch-Tier-Umwelt-Verhältnisses – Es entstehen Multihabitate, Räume der Kohabitation. Die Effekte? Robuste Lebensgrundlagen: Die Wiederherstellung einer regionalen Vielfalt und eines wasserspeicherfähigen Bodens. Über die Auswahl von Zielarten und Anknüpfen an alte und neue Traditionen können lokale Herausforderungen, gemeinsam mit Flora und Fauna, bestritten werden.

Die Transformation beginnt am Skiliftgebäude, welches seine Nutzung durch die Schneeunsicherheit nach und nach verliert. Von hier aus werden Räume und Elemente der Kohabitation erprobt: Der Skilift wird zum Multihabitat für Mensch, Flora und Fauna. Das Gelände entlang des Lifts wird zum Testfeld: Der Boden wird durch das Einarbeiten von kompostiertem Vogelkot wasserspeicherfähig. Alternativen zu monofunktionalen Einfriedungen begrenzen das Testfeld: Sie kombinieren das persönliche Bedürfnis des Menschen und bilden Habitate und Lebensgrundlage für andere Arten.

Chiara Keim und Alina Mykhaylova – Bachelorarbeit

 

A Conversation with…

Animals

 

Herrenschwand ist ein kleines idyllisches Dorf auf einem Hochplateau im Südschwarzwald mit Blick auf die umliegenden Berge und Täler. Bei nur hundert Einwohnern ist meist nicht viel los, sodass man außer ein paar Kühen nur Touristen trifft, die zum Wandern, Skifahren und zur Erholung hierherkommen. Auf den ersten Blick merkt man nicht, dass dieser Ort aufgrund des Klimawandels mit großen Problemen konfrontiert ist. Die Natur leidet bereits unter diesen Problemen. Wie Bienen, deren Zahl weltweit rückläufig ist. In den letzten Jahren ist ihre Zahl durch Krankheiten und von Lebensraumverlust um Milliarden Jahre zurückgegangen. Die Menschheit muss ein Schritt zurück machen und ihre gesamten Verhältnisse und Beziehungen zu den Tieren überdenken. Gerade wenn man sich das im modernen Vergleich anschaut, wie zum Beispiel in unserer früheren engen Konversation mit Flora und Fauna im Schwarzwaldhaus. Dort haben Menschen und Tiere unter einem Dach zusammengelebt und Kühe waren wie ein vollwertiges Familienmitglied und auch beteiligt an der Ernährung des Hauses. In Herrenschwand und im Skiliftgebiet sehen wir das Potenzial, dass man dieses Konzept vom Schwarzwaldhaus im ganzen Dorf einbringt.

 

Die Konversation mit Flora und Fauna befindet sich am damailigen Skiliftgebiet. Drei Bereiche entstehen: Die Kuhstübli, der Berg und das Bienenhaus in der Bergstation. In dem Bereich zwischen der Bergstation und dem Kuhstübli, werden punktuelle Duftstellen angelegt. Wiesen welche Pflanzen tragen, die den Bienen die Möglichkeit zum Eintrag von Pollen bieten. Die Talstation des Skilifts ist ein wichtiges Gebäude in der Einwohnergemeinschaft von Herrenschwand. Viele haben hier ihre Kindheit verbracht und somit viele Erinnerungen an diesen Ort. Hier haben wir ein riesiges Potential den traditionellen Gedanken der Kuh im Haus wieder Anklang finden zu lassen. Die Kuh wird in das Dorfleben integriert, durch den Umbau des Skistüblis zum Kuhstübli.

Manuel Kramm und Alex Schumacher

 

Herrenschwand 2045 – Ein Handbuch für die notwendige Transformation

 

 

Wie äußert sich Klimaschutz in der räumlichen Planung? Wie lässt er sich im ländlichen Raum integrieren? Wir haben uns mit dem Dorf Herrenschwand beschäftigt, mit seiner Architektur, der Geschichte und aktuellen Themen, dem Tourismus, dem Naturraum, der Demografie, dem sozialen Miteinander und wie all diese Dinge mit dem Klimawandel zusammenhängen. Welche Risiken besten? Was hat und was wird sich verändern? Was für Anpassungen sind in Herrenschwand notwendig, damit wir alle als Gesamtgesellschaft in Deutschland 2045 klimaneutral leben können? Welche Herausforderungen und Chancen bestehen dabei?

 

Es gibt nicht nur eine Lösung für die Reduktion von Treibhausgasemissionen. Die Dorfgemeinschaft hat die Möglichkeit, den für sie passenden Weg zu suchen und die Identität von Herrenschwand bei der notwendigen Transformation bestmöglich zu bewahren. Wir haben heute die Technologien, die notwendigen Ideen und das Know-How zur Umsetzung. Aber wie lässt sich dies in der Praxis umsetzen? Unsere Erkenntnisse haben wir dazu in einem an die Bewohner des Dorfs gerichteten Handbuch zusammengefasst, um sie auch zum Handeln aufzufordern. Wird rechtzeitig und selbstständig gehandelt besteht die Chance, einen immensen Einfluss auf Gestaltung und Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen zu haben und das ohne Angst, die Kontrolle über die eigene Umwelt abgeben zu müssen. Die Bewohner haben heute die Chance, die Zukunft Ihres Dorfes zu gestalten!

Lehrteam

Prof. Dr. Martina Baum,
Alba Balmaseda Domínguez
Ksenija Zujeva

 

Lehrstuhl Stadtplanung und Entwerfen
Prof. Dr. Martina Baum,