Wohnkomplex Zukunft

Entwürfe

Die Städtebauliche Dimension des Postfossilen

Die Stadt Schwedt im Nordosten Brandenburgs, erlangte durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine europaweit große Aufmerksamkeit. Seit 1963 versorgt die Erdölpipeline Druschba (dt.: Freundschaft) die Raffinerie des PCK (Petrolchemischen Kombinats) mit Erdöl aus Russland. Eine großangelegte städtebauliche Entwicklung zu Zeiten der DDR ließ die Kleinstadt auf ca. 55.000 Einwohner*innen anwachsen. Nach der Wiedervereinigung konnte das PCK als eines der wenigen ostdeutschen Unternehmen bis heute erfolgreich weiterwachsen. Die Zahl der Beschäftigten sank jedoch rapide, weshalb die Stadt Schwedt die Hälfte ihrer Einwohner*innen in den 1990er Jahren verlor. In der Folge wurden die städtebaulichen Typologien der DDR schrittweise zurückgebaut und einige ehemalige Wohngebiete in Waldflächen umgewidmet. Heute steht Schwedt erneut vor großen Herausforderungen. Der Weiterbetrieb der Raffinerie mit kasachischem Öl ist vorerst gesichert. Langfristig soll das PCK in Schwedt grünen Wasserstoff mit Wind- und Solarstrom aus der Uckermark und klimaneutrale Kraftstoffe für den Flugverkehr produzieren. Für diese Transformation werden in Schwedt schätzungsweise 2000-3000 neue Jobs im Kontext des PCK entstehen. Während im Umland von Schwedt die Bevölkerung schrumpft wird Schwedt in Zukunft womöglich wieder wachsen.

 

In Zweiergruppen entwerfen Sie einen Wohnkomplex der Zukunft für Schwedt im Kontext der anstehenden ökologischen und ökonomischen Transformationen des PCK. Über das Medium des Modellbaus verschaffen Sie sich zu Beginn ein genaues räumliches Verständnis über die vorgefundene Situation. Präzise Beschreibungen durch Text werden Ihnen helfen, eine Problemstellung zu formulieren. Das Lehrteam unterstützt Sie bei der Themenfindung und vermittelt Entwurfsstrategien, die Ihnen helfen, Ihre Ideen umzusetzen. Ziel des Studios ist das Erarbeiten eines konkreten räumlichen Entwurfs, in welchem städtebauliche, architektonische, freiräumliche und gesellschaftliche Themen integriert verstanden und geplant werden. Sie haben die Möglichkeit, Lehrinhalte aus dem Grundstudium weiter zu vertiefen und darüber hinaus wichtige Kenntnisse über architektonische und städtebauliche Theorie, konzeptionelle Entwurfsmethoden und Darstellungstechniken zu erlangen.

Kontext

Arbeiten der Studierenden 

Chiara Keim und Alina Mykhailova

 

„Landschaftspoesie“

 

Die Entwurfsarbeit zur Kulturlandschaft und dem Außenraum in Schwedt/Oder im Jahr 2045 setzt sich kritisch mit den romantisierten Bildern auseinander, die häufig unsere Vorstellung von Kulturlandschaften prägen. Diese oft nostalgische Sichtweise steht im Spannungsverhältnis zu modernen Anforderungen und technologischen Entwicklungen. Das Projekt nutzt Schwedts historische Verbindung zur Energieproduktion durch die PCK-Raffinerie und konzentriert sich auf die Produktion grüner Energie durch Solarflächen. Der daraus entstandene Entwurf zum „Energiegut 2045“ ist dabei als das Aufzeigen eines Experimentierraumes zu verstehen, in welchem auf kompakter Fläche verschiedene Ansätze, Solarflächen ästhetisch in das Bild der Kulturlandschaft der Zukunft einzubinden, diskutiert und erprobt werden sollen.

Das geplante Energiegut soll als gemeinschaftliches Wohnprojekt dienen, bei dem der Außenraum aktiv bewirtschaftet wird. Die Solarflächen werden so gestaltet und gesetzt, dass sie sich harmonisch in die Umgebung einfügen und als raumbildende Elemente agieren. Die Solarflächen dienen dabei nicht nur der Energiegewinnung, sondern auch als Schattenspender und Gestaltungselemente in den gemeinschaftlichen Außenräumen.  Die Kulturlandschaft der Zukunft verbindet Tradition und Innovation, schafft eine nachhaltige Umgebung und setzt ein Zeichen für eine umweltbewusste und ästhetisch ansprechende Zukunft.

Hannah Switala und Sarah Hettrich

 

„Schatzsuche“

 

Wir begeben uns auf eine Schatzsuche durch Schwedt. Die Stadt bietet viele gegenwärtige Schätze zu entdecken, die wir mit zukünftigen Schätzen ergänzt haben. So entsteht ein räumliches Bild der Fülle und des Reichtums, das als positiver Ausgangspunkt für unseren Entwurf zu verstehen ist. Wir versuchen, die Idee des ostdeutschen Städtebaus behutsam weiterzuentwickeln und seine Vorzüge zu stärken. Die städtebauliche Entwicklung ist flexibel anpassbar und bietet den zukünftigen Bewohnern unterschiedliche Möglichkeiten, ihre räumlichen Bedürfnisse zu

verwirklichen.

Larissa Chvaicer Pimenta und Isabella Wiedemann Díaz

 

„Schwedt als Knotenpunkt “

 

Schwedt, eine Stadt in der Uckermark, liegt etwa 80 Kilometer nordöstlich von Berlin und nahe der Grenze zu Polen. Auf den ersten Blick scheint Schwedt eine beschauliche Kleinstadt zu sein, doch bei genauerem Hinsehen offenbart sich eine Stadt mit viel ungenutztem Potenzial. Trotz der idyllischen Lage und der Nähe zur Natur kämpfen viele Bewohner*innen mit einem Gefühl der Entfremdung und dem Wunsch, sich in ihrer Heimat wohlzufühlen. Unser Entwurf zeigt, wie Schwedt durch seine Transformation attraktiver und lebenswerter für seine Bewohner*innen werden kann und wie insbesondere die Potenziale der Naherholung wieder in den städtischen Kontext integriert werden können.Insgesamt haben wir fünf Themenfelder erarbeitet, die sich mit der Stadt als Netzwerk zwischen verschiedenen Polen und ihrer Transformation auseinandersetzen – die Vision Schwedt 2050. Mit gezielten Maßnahmen zur Verbesserung der Energieversorgung, der Stärkung der internationalen und regionalen Anbindung sowie der Aufwertung des Naturraums als lokale Ressource kann Schwedt zu einem eigenständigen, lebendigen Knotenpunkt in der Region werden.

Julia Maus und Sarah-Maria Leitner

 

„Zukunft Zeile“

 

Ziel des Entwurfs ist es, möglichst viel Bestand zu erhalten und das Potential der bestehenden Zeile aufzuzeigen. Lediglich eine Zeile wird rückgebaut, um Raum für den neuen Kirchplatz, den Anschluss an die Altstadt, zu schaffen. Durch das Mittel der Nachverdichtung werden zudem neue Strukturen in das Gebiet integriert und Räume neu gefasst. Aufstockungen und Anbauten werden als weitere Strategien verwendet, um die bestehende Zeile um großzügigeren Wohnraum und öffentliche Nutzungen zu erweitern. Durch den Umbau der Zeile ist es möglich, die Grundrisse im Rahmen der vorhandenen Tragstruktur neu zu organisieren und variablen Wohnraum anzubieten. Indem die Erschließung nach außen gelegt wird, entsteht zusätzliche Wohnfläche und barrierefreie Erschließung. Aus diesen Strategien sind drei Varianten entstanden, die die Umbaumöglichkeiten der Typologie-aufzeigen. Bei der Variante „Laubengang“ wird der Zeile durch den vorgesetzten Laubengang mehr Raum zugesprochen. Der Laubengang bietet eine Schwelle zum Außenraum und lässt die Zeile auf ihre Umgebung reagieren. Die Neuorganisation der Grundrisse lässt 1–5 Zimmerwohnungen innerhalb einer Zeile zu. Die Sanitärräume befinden sich im ehemaligen Treppenkern.

Die Variante „Durchbruch“ dient als Sonderbaustein, um der Trennung des Wohnkomplexes in zwei Gebiete durch die Lindenallee entgegenzuwirken. Durch den Rückbau von zwei Wohnungen entsteht ein neuer Luftraum. Über die Plattformen werden die Wohnungen durch Treppen und Aufzüge erschlossen. Im Erdgeschoss lassen sich öffentliche Nutzungen integrieren, z. B. Gastronomie und Büroflächen. Der Wohnraum lässt sich bei Bedarf durch große Schiebeelemente in den Außenbereich erweitern. Der Umbau zum „Reihenhaus“ reagiert auf den Wunsch des Eigenheims und soll die Attraktivität des Stadtzentrums stärken. Es entsteht Varianz im Freiraum durch die privaten und individuell gestalteten Gärten. Die neue Wohnform wird durch den Rückbau von 1 – 2 Stockwerken geschaffen. Verschiedene Höhen und Dachformen sind der Ausdruck unterschiedlichen Bedarfs.

Lehrteam SuE

 

Vertr.-Prof. Dipl.-Ing. Markus Vogl

Anna Ludwig

Philipp Deilmann

Julia Berger

 

Kooperationspartner

 

Stadtplanungsamt Schwedt (Oder)

 

Lehrstuhl Städtebau und Entwerfen
Prof. Dr. Martina Baum