Studio Neubrunn
EntwürfeDemnächst dürfte die Urbanisierung, wenigstens des Lebensstils, wohl auch den letzten Winkel des ländlichen Raums erreicht haben. Die Gegensätze zwischen Stadt und Land, Zentrum und Peripherie, Kultur und Natur schrumpfen. Der blasierte Blick des Städters auf das abgehängte Land hat sich zuweilen sogar verkehrt in eine romantische Idealisierung des ländlichen Raums, als Ort der Natürlichkeit, Ursprünglichkeit und des gesunden Lebens.
Trotz der neuen Aufmerksamkeit, die das Land dadurch bekommt, steht es vor erheblichen Herausforderungen, denn Stadtflucht, fehlende erreichbare Einrichtungen der Daseinsvorsorge, Leerstand und der sogenannte Donuteffekt (leerstehende Ortsmitten) schwächen viele kleinere Gemeinden. Durch den Wegfall kleinteiliger Versorgungseinrichtungen aus dem Ortskern fällt auch der Ort zur sozialen Begegnung und des Austauschs weg. Die Orte des Alltags verlagern sich aus dem Dorf hinaus und verhindern Begegnungen auf der alltäglichen Basis.
Welche Strategien und Instrumente stehen einem Ort wie Neubrunn in Franken zur Verfügung um mit den veränderten Herausforderungen umzugehen. Wo lassen sich Potentiale freilegen, die aus dem verschlafenen Dörfchen einen Pionier neuer ländlicher Urbanität werden lässt. Und welche Rolle spielen dabei Baukultur, Typologie und Bauweise.
Wir wollen konkrete räumliche und architektonische Vorschläge erarbeiten um die Ortsmitte Neubrunns zu reaktivieren und die Dorfgemeinschaft wieder neu zu entdecken. Dafür steht uns ein ausgedehntes Ensemble mitten in Neubrunn zur Verfügung, das einmal ein lebendiges Nebeneinander aus Wirtshaus, Tanzbar, Kegelbahn und Bierkeller gewesen ist. Man sieht den Räumen die rauschenden Feste noch an, die hier einmal stattgefunden haben. Welche Haltung können wir unter diesen vielschichtigen Voraussetzungen entwickeln um Neubrunn eine resiliente Zukunftsperspektive zu bieten und die Feste wieder stattfinden zu lassen?
Arbeiten der Studierenden
Maximilian Stengele Lisa Beuchle
Einer der ersten und wichtigsten neuen Bausteine für Neubrunn ist der Dorfspäti. Die bestehende Garage dient als Ankerpunkt der Infrastruktur im Dorf. Hier bündeln sich ein intelligenter Marktplatz zur Lebensmittel- und Arzneiversorgung, ein Geldautomat und eine Packstation – direkt neben der Bushaltestelle an der Hauptstraße.
Ohne Bedienung auskommend, ist dieser 24 Stunden am Tag geöffnet und stellt eine Grundversorgung für die Einwohner Neubrunns bereit. Die Versorgung des Dorfspätis läuft dabei zunächst extern.
Nach Etablierung des Dorfladens beim gegenüberliegenden Morgenroth wird er dann von hieraus versorgt werden und steigert gleichermaßen den Gewinn des Ladens sowie das Angebot außerhalb der Öffnungszeiten.
Ferhat Deveci Salome Lutz
Neubrunn neu gedacht – für Gemeinschaft und Lebensqualität
Unsere Analyse zeigt: Neubrunn steht vor großen Herausforderungen wie dem Aussterben des Dorfkerns, dem demografischen Wandel und fehlendem Wohnraum. Gleichzeitig haben wir eine besondere Stärke erkannt – den starken Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft. Genau daran möchten wir anknüpfen.
Ein zentraler Baustein unseres Konzepts ist die Weiterentwicklung des „Morgenroth“ als Treffpunkt für Jung und Alt. Dort entstehen vielseitig nutzbare Räume wie ein Café, das tagsüber als Mensa und abends als Gastronomie dient. Ergänzend planen wir Arbeitsbereiche, eine Bücherei sowie einen „Sport- und Gruppenraum“ für Workshops, Fitnesskurse und Begegnung.
Besonderes Augenmerk legen wir auf altersgerechtes Wohnen. Viele Senioren leben allein in großen Häusern, die schwer zu pflegen sind. Daher schaffen wir barrierefreie Mietwohnungen, die aber nicht nur älteren Menschen vorbehalten sind. Unser Ziel ist eine generationenübergreifende Durchmischung.
Das Wohnangebot reicht von Single- bis zu 3-Zimmer-Wohnungen und bietet auch Eigentumsoptionen – angepasst an die Bedürfnisse der Dorfbewohner.
Lehrteam
Prof. Dr. Martina Baum
Andreas Beulich
Alexander Richert
Lehrstuhl Städtebau und Entwerfen
Prof. Dr. Martina Baum